
Abb. 7: Das Selbst wird zur „Führungs-Kraft“ in mir (Eigene Darstellung)
Neben der eigenen Selbstfürsorge ist dabei externe Unterstützung immer hilfreich (z.B. durch einen Coach, Scrum Master o.ä.), um einen ausreichend geschützten Rahmen zu schaffen, um mit dem eigenen Selbst in Kontakt zu kommen. Erfolgreiche Organisationen werden lernen müssen, die dafür nötige psychologische Sicherheit als Grundlage ihres Handelns sicherzustellen (Edmondson 2020).
Dies kann durch den Einsatz von Supportive Managern geschehen. Das sind spezielle Rollen, die mit agil denkenden und gleichzeitig einflussreichen Persönlichkeiten besetzt werden, die die Macht haben, auch die Organisation so umzubauen, dass Selbstfürsorge und damit Selbststeuerung überhaupt gewährleistet werden können. Hierfür braucht es ein besonderes Umfeld, wertschätzende menschliche Beziehungen und v.a. Zeit zu experimentieren. Je mehr diese Voraussetzungen gegeben sind, desto leichter entwickeln sich „reife“ Persönlichkeiten, denen es leicht fällt in verschiedensten Situationen angemessen zu interagieren.
Klar ist auch, dass kein anderer für uns letztendlich Leadership übernehmen kann. Keine externe Führungskraft kann die Funktion unseres Selbst für uns übernehmen, denn der Großteil der Stimmen in uns, die moderiert werden müssen, sind für Externe unsichtbar, geschweige denn steuerbar. Das bedeutet aber auch, dass ohne unseren Willen und unsere Fähigkeit zur Selbst-Steuerung echte Agilität nicht funktioniert und damit die agile Transformation nicht gelingen kann.
Erst wenn der Mitarbeitende den Willen zur Selbst-Fürsorge zeigt und einfordert, wird bzw. kann das Management „supportive“ werden. Und erst dann kann das Management seine Steuerungsaufgaben abgeben und die Mitarbeitende in die Selbst-Steuerung begleiten.
Wenn Agilität nicht in die Selbst-Steuerung führt, ist es in diesem Sinne auch nicht agil. Dann folgen die Mitarbeiter:innen vielleicht nicht mehr ihrem Chef, aber dafür dem „Product Owner“, bleiben aber immer noch fremdgesteuert. Erst wenn sie sich so psychologisch sicher fühlen, dass sie ohne Fremdsteuerung aus sich selbst bzw. ihrem Selbst heraus tätig werden und anfangen die Organisation mitzugestalten, fängt echte Agilität an und die Organisation wird immer mehr zu einem resilienten und zukunftsfähigen Organismus.
Ich hoffe durch diesen Artikel ein paar Gedanken über Selbst-Steuerung in Ihnen anzuregen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, warum die Transformation von Fremd-Steuerung zur Selbst-Steuerung so gewaltig ist und nicht unterschätzt werden sollte.
Gleichzeitig gibt es meiner Meinung nach nichts schöneres, als Menschen und Organisationen auf diesem Weg zu begleiten. Ich freue mich auf Ihr Feedback und einen lebendigen Austausch dazu.