In dieser volatilen und komplexen Welt müssen sich Organisationen immer wieder neu erfinden und sich Ihrer Umwelt anpassen können - egal ob technisch, ökonomisch, ökologisch oder gesellschaftlich. Sie brauchen daher keine neuen Verfahrens- und Arbeitsanweisungen, sondern grundlegende Prinzipien und Muster. Relevant sind daher Fähigkeiten der zweiten Ordnung. Die kontinuierliche Arbeit am System ist heute ebenso elementar wie die Wertschöpfung im System.
Für anstehende Transformations-Bewegungen benötigen wir daher ein exploratives Vorgehen. Als Inspiration können die folgenden Wandlungen dienen.
Erste Wandlung - Führung: Vom Ausführen zum Mitdenken
Die heute in den allermeisten Fällen anzutreffenden Organisationsstrukturen unterscheiden zwischen einer Führungs- bzw. Management-Ebene und einer Mitarbeiterebene. Die gedankliche Basis dieser Unterscheidung geht, wie oben bereits beschrieben, auf Taylor zurück.
Taylor schuf ein Konzept, das in einem ungesättigten Markt mit geringer Produktvielfalt durch standardisierte Prozesse zu enormen Produktivitätssteigerungen führte. Den Fließbandarbeitenden sollte dabei das Denken abgenommen werden, da individuelle Lösungen den Gedanken der Effizienzsteigerung durch immer gleiche Arbeitsschritte eher im Wege standen. Zugleich war diese Entkoppelung von Denken und Handeln eine Chance für die weniger gebildeten Arbeitenden.
Führung sollte heute jedoch radikal anders, mit Begriffen wie Begleitung, Coaching, Empowerment und Befähigung, gedacht werden. „Command and Control“ erscheint vielerorts als antiquiert.
In unserer Zeit benötigt die Organisation deutlich mehr Mitdenker:innen, und der/die Mitarbeitende darf nicht mehr lediglich als ausführende Ressource betrachtet werden. Vielfach wird von der Schwarmintelligenz des Unternehmens gesprochen.
Nur durch Beteiligung aller Mitarbeitenden gelingt die essenzielle Reaktionsgeschwindigkeit bzw. Innovationsfähigkeit, sich immer wieder als Organisation neu zu erfinden.
Ziel von Führung ist in diesem Kontext, die Rahmenbedingungen zur erfüllenden Gestaltung der Arbeitswelt zu schaffen.
Auch die Mitarbeitenden selbst sind nicht länger damit zufrieden, nur ausführendes Organ zu sein. Sie entscheiden sich zunehmend für die Mitarbeit in Unternehmen, in denen sie Ihre Ideen und Kreativität einbringen können und das Gefühl haben, wirklich gehört zu werden.
In einer Studie der Tiba Managementberatung (2021) konnte diese These empirisch bestätigt werden: Gerade die Angehörigen der Generation Z betrachten Purpose als wichtiges Kriterium für die Auswahl des Arbeitgebers und möchten den Sinn der eigenen Arbeit erkennen und von den Werten der Organisation überzeugt werden. Unternehmen, die hier mit entsprechenden Führungskonzepten reagieren, werden sich vor allem in Zukunft einen echten
Zweite Wandlung - Aufbau: Von der Pyramide zum Netzwerk
Bildlich manifestiert wird die Unterscheidung zwischen denkender Managementebene und ausführender Mitarbeiterebene in den Organigrammen der allermeisten Unternehmen. Oben gibt es wenige Entscheider:innen - unten die vielen Umsetzer:innen. Die Form der Pyramide ist eine logische Konsequenz dessen.
Innerhalb der Pyramide werden, der Idee der effizienten Standardisierung folgend, sehr häufig homogene Abteilungen und Teams gebildet. Die Teams heißen dann häufig ihrer Funktion folgend: Einkauf, Arbeitsvorbereitung, Qualitätsmanagement. Das heute so oft beklagte Silodenken in größeren Organisationen ist eine der Folgen aus diesem funktional-orientierten Aufbau.
Ein weiteres Resultat sind lange Entscheidungsprozesse. Diese ergeben sich, da Entscheidungsbedarfe häufig nicht nah an den Entscheider:innen entstehen, sondern „unten“ in der Pyramide - dort besteht der engste Kontakt zum Kunden. Der Entscheidungsprozess zieht sich so in die Länge, und die Nähe zur eigentlichen Problemstellung nimmt immer weiter ab. Auch die Identifikation mit dem Unternehmen leidet. Die Mitarbeitenden, als kleines Kästchen des Organigramms, erkennen kaum noch ihren Beitrag am Gesamtergebnis.Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Dem gegenüber steht heute der Trend des Empowerments. Voraussetzung dafür ist das Erleben von Kompetenz, Bedeutsamkeit, Selbstbestimmung und Einfluss während der Arbeit (vgl. Spreitzer 1995). Diese Aspekte sind aber in pyramidal organisierten Organisationen kaum realisierbar. Daher geht aktuell der klare Trend verstärkt zu funktional integrierten Teams in Anlehnung an den Aufbau von Kleinunternehmen.
Ein 8-köpfiges Team betreut zusammen einen Kunden und teilt sich die Rollen Kundenbetreuung, Einkauf, Controlling, Entwicklung, Qualität, etc. untereinander auf. Durch die Fokussierung auf Rollen statt Stellen entsteht mehr Flexibilität in der Verteilung von Verantwortung und Führungsaufgaben. Denn Rollen können wesentlich schneller, basierend auf den Talenten und Vorlieben im Team, verteilt und angepasst werden. In solchen Teams wird interdisziplinär und interfunktional gedacht, nah am Kunden entschieden und es gibt eine hohe Identifikation mit dem eigenen Mini-Unternehmen. So werden unternehmerisches Handeln und Denken gefördert.
Auch die Entwicklung neuer Produkte und Angebote erhält so eine neue Dynamik. Entstehen neue Ideen, kann ein neues Team sehr schnell formiert werden, ohne dass entsprechende Stellen in einer Vielzahl von Abteilungen geschaffen werden müssen.
Gleiches gilt für interne Bedarfe und Dienstleistungen. Wird ein Bedarf zur Zentralisierung entdeckt, so bildet sich ein Team, das den anderen Teams interne Leistungen anbietet. Eine Art interner Marktplatz entsteht. Aus Zentralfunktionen werden echte Business Partner, mit klarem Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens.
Aus der Pyramide wird so in einigen Fällen ein Netzwerk aus vielen, relativ autonomen Teams. Auf diese Art kann die Stärke eines Konzerns mit der Geschwindigkeit und Flexibilität eines Start-Ups optimal kombiniert werden.
Dritte Wandlung - Zusammenarbeit: Von Einzelkompetenz zum Co-Creations-Prozess
Wenn vernetzte Teams maximal eigenverantwortlich handeln und mit möglichst wenig Führung durch eine übergeordnete Ebene auskommen sollen, benötigen sie dafür entsprechende Werkzeuge bzw. Prinzipien.