So werden Sie zum achtsamen Leader
Achtsamkeit – auch in der Führung – ist mehr Haltung als Fertigkeit. Wann immer Sie spüren, dass Sie auf Autopiloten geschaltet haben, können Sie sich bewusst dafür entscheiden, innezuhalten und präsenter von vorne zu beginnen.
Achtsame Führung startet darüber hinaus bei Ihnen selbst. Um andere Menschen achtsam führen zu können, müssen Sie Achtsamkeit für sich als effektive Ressource zur Bewältigung des eigenen Stressniveaus kennengelernt sowie unbewusste, automatisierte Handlungsmuster erkannt und aufgebrochen haben.
Im Folgenden ein paar praktische Tipps, wie Sie Achtsamkeit mehr Raum in der Führungstätigkeit geben können.
Achtsam werden im Umgang mit sich selbst
Zunächst gilt es, gelassener zu werden, um dadurch an Klarheit und Präsenz zu gewinnen. Da für viele der Arbeitsplatz die größten Herausforderungen bereithält, sollten Sie dort besonders achtsam mit sich selbst umgehen.
Vermeiden Sie Multitasking, sondern fokussieren Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf eine Tätigkeit. Denn unser Gehirn kann immer nur eine Sache gleichzeitig und verbraucht Unmengen an Energie, wenn es ständig zwischen zwei Tätigkeiten hin- und herwechseln muss. Das führt nicht selten zu Fehlern und die erhoffte Effizienz bleibt Wunschdenken.
Unterstützen Sie sich selbst, indem Sie Störfaktoren eliminieren. Schalten Sie zum Beispiel Klingeltöne und Vibrationen aus. Generell kann digitales Fasten helfen, die Aufmerksamkeit zu fokussieren.
Machen Sie zudem bewusst Pause. Erkennen Sie Ihre Bedürfnisse nach Ruhe und Erholung und gönnen Sie sich echte Momente des Abschaltens. Entschleunigung kann ebenfalls helfen, Dinge bewusster wahrzunehmen. Drosseln Sie das Tempo und bauen Sie Zeitpuffer ein, um weniger gehetzt zu sein.
Schulen Sie folgende Fähigkeiten:
Geduld: Üben Sie sich darin, schwierige Erfahrungen und Situationen geduldig zu ertragen, ohne impulsiv zu reagieren.
Akzeptanz: Nehmen Sie Widerstand wahr und akzeptieren sie ihn, anstatt dagegen anzukämpfen oder ihn verändern zu wollen.
Unser Gehirn macht aus allem, was häufig passiert, eine Gewohnheit. Beobachten Sie Ihre Routinen, dann öffnet sich wie von selbst Raum für Neues. Denken Sie gar nicht über gewünschte Folgen nach; das Wichtigste ist, dass Sie einfach mal was anders machen.
Beginnen Sie am besten damit, kleine Dinge zu verändern und machen Sie Kleinigkeiten bewusst auf eine andere Art. Nehmen Sie sich zum Beispiel vor, 3 Minuten am Morgen, 3 Minuten am Abend und 3-mal eine Minute über den Tag bestimmten Dingen die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Spüren Sie die Qualität des Moments und nehmen Sie sich täglich etwas anderes vor. Nehmen Sie morgens zum Beispiel einen etwas anderen Weg zur Arbeit oder kaufen Sie Ihre Brötchen mal bei einem anderen Bäcker. Wenn Sie zu sehr in Ihrem Trott gefangen sind, können Sie kleine Erinnerungshilfen nutzen.
Schulen Sie folgende Fähigkeiten:
Neugier: Agieren Sie mit einem offenen und neugierigen Geist und betrachten Sie Erfahrungen als neu und einzigartig.
Gelassenheit: Akzeptieren Sie Dinge, ohne zwingend darauf hinzuwirken sie in gewohnte Muster pressen zu wollen.
Achtsamer Umgang mit anderen
Erst nach einer gewissen Reife achtsamer Selbstführung empfiehlt es sich, Achtsamkeit in der Interaktion mit Mitarbeitenden und Mitmenschen zu verstärken. Hierzu zählt, das Führungs- und Kommunikationsverhalten zu reflektieren und eine Haltung anzunehmen, die unterschiedliche Facetten der Achtsamkeit im Miteinander anspricht (Baer et al. 2006):
Häufig sind wir dem Trugschluss unterlegen, dass das Thema Aufmerksamkeit Zeit kostet. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Durch Unachtsamkeit kommt es regelmäßig zu Missverständnissen, deren Berichtigung deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Zudem wünschen wir uns von unserem Gegenüber ganz generell einen friedlichen Umgang und eine ungeteilte Aufmerksamkeit als Zeichen des Respekts.
Werden Sie gemeinsam achtsam. Formulieren Sie Ihren Wunsch nach mehr Achtsamkeit im Miteinander und beziehen Sie andere mit ein. Machen Sie es zum Thema im Team und finden Sie gemeinsame Wege, wie Sie achtsam miteinander umgehen können.
Schulen Sie folgende Fähigkeiten:
Wertfreiheit: Schulen Sie Ihre Fähigkeit, Erfahrungen zu akzeptieren, ohne sie zu bewerten oder zu kritisieren.
Vertrauen: Vertrauen Sie sich selbst und den anderen. Ihr Misstrauen muss man sich erst verdienen.
Kommunikationsverhalten verändern
Zu guter Letzt kommen wir zur Königsdisziplin der Achtsamkeit, dem achtsamen Kommunizieren. Seien Sie offen für echte Begegnung und versuchen Sie, in Kommunikationssituationen sowohl Ihr Gegenüber wahrzunehmen als auch sich selbst und als dritte Dimension die Gesprächssituation als Ganzes. Sprechen Sie Störungen an, geben Sie Signale, dass Sie zuhören (aktives Zuhören), lassen Sie auch mal einen Moment der Stille zu und stellen Sie wertvolle Fragen.
Wichtig ist dabei, dass Sie Ihre Bedürfnisse und Gefühle mitteilen und gleichzeitig auch für die Gefühle und Bedürfnisse Ihres Gegenübers offen sind. Senden Sie Ich-Botschaften, vermeiden Sie Wertungen und beziehen Sie sich stets auf konkrete Beobachtungen. In Momenten der Aufregung hilft es, kurz innezuhalten.
Beobachten Sie einmal, wie oft es in Gesprächen nicht um die anwesenden Personen geht, sondern um andere. Wenn es dazu kommt, durchbrechen Sie dieses Verhalten und fokussieren Sie sich wieder auf sich selbst.
Besonders im Streit oder in Diskussionen machen Sie sich die Bedeutung der Achtsamkeit bewusst. Lassen Sie nicht nur Dampf ab, sondern seien Sie sich der Wirkung Ihrer Worte bewusst. Erkennen Sie auch hier Ihre eigenen Gefühle und benennen Sie diese, wodurch es gelingt Abstand zu erlangen. Gehen Sie nicht sofort jedem Impuls nach, sondern beobachten Sie Ihren Atem. Dieser holt Sie in die Gegenwart zurück, lässt Sie besser zuhören und ermöglicht es Ihnen, die andere Perspektive nachzuvollziehen.
Schulen Sie folgende Fähigkeiten:
Präsenz: Die Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment präsent und aufmerksam zu sein, ohne von Gedanken oder Emotionen abgelenkt zu werden.
Loslassen: Die Fähigkeit, negative Gedanken oder Gefühle loszulassen, um inneren Frieden zu finden.
Lust bekommen es einmal auszuprobieren? Fangen Sie im Alltag an und verändern Sie Kleinigkeiten und arbeiten Sie sich Stück für Stück voran. Wenn Sie einmal nicht weiterkommen oder Ihnen ein geschützter Raum fehlt, dann kann Ihnen ein Coach diesen Rahmen bieten, um Selbstachtsamkeit, Führungsverhalten und Kommunikation zu reflektieren sowie neue wünschenswerte Verhaltensmuster zu finden und einzuüben.